Verminderung der öffentlich Bediensteten in den Parlamenten

Eine wissenschaftliche Initiative*

Von Fritz Vilmar

 

                                                                                               "Die Wählbarkeit von Beamten

                                                                                        kann gesetzlich beschränkt werden"

                                                                                                                        Art. 137 I GG

 

 

 

Angehörige des öffentlichen Dienstes und vor allem Beamte sind im Bun­destag (hier stellvertretend für alle Parlamen­te analysiert) in einer Weise  über­reprä­sentiert, die grundlegende Prinzipien der parlamentarischen Demokratie, vor allem das Prinzip der Gewaltenteilung und der gleichen Chancen der Bürger, als Volksvertreter gewählt zu werden, infragestellen. Im folgenden fasse ich unsere Analysen des Zustandes und vor allem meine Vorschläge einer „Beschränkung der Wählbarkeit der Beamten i. S. des Art. 137 I GG

 

1. Bedrohliche Tatbestände; verfassungsrechtliches Nichtstun

Die "Verbeamtung" der Parlamente hat ein Ausmaß angenommen, das die innere demokratische Struktur der Repräsentativen Demokratie ernsthaft infrage stellt.

Die Zahl der Beamten im Bundestag ist zwischen 1949 und 1990 von knapp 20 % auf fast 35 % gestiegen - und die Zahl der im öffentlichen Dienst Tätigen von fast 24 % auf nahe­zu 43 %, während sie nur ca. 15 % der be­rufstätigen Bevöl­kerung ausma­chen[1].

Fast die Hälfte unserer Abgeordneten kommt dem­nach mittlerweile aus Bereichen der staatlichen Exekutive, die bekanntlich durch die Legislative kontrol­liert werden sollte.

Rentner, Arbeitslose, Auszubildende und vor allem Hausfrau­en sind im Bun­destag kaum

vertreten; er ist ein Parlament Be­rufstäti­ger.

Der Bundestag bietet ein Zerrbild der Sozial­struk­tur der Berufs­tätigen: Arbei­ter und ein-

fache Ange­stellte sind faktisch nicht ver­treten, er ist ein Par­la­ment der Vertreter gehobener

(und dabei meist politi­scher) Berufs­positio­nen. Überreprä­sentiert sind daneben vor allem auch

bestimmte Kategorien von Selbständigen und freiberuflich Tätige.

Der Bundestag ist ein Parlament der Akademiker, Lehrer und Juristen und  damit der

überdurchschnittlich Gebil­de­ten.

 Frauen sind trotz aller Bemühungen der letzten Jahre stark unterrepräsen­tiert.

Verfassungsrechtlich am bedenklichsten aber ist die Besetzung unserer Volksver­                       

tretungen mit 40 - 50 % öffentlich Bediensteten.

 Die in Art. 137 nahegelegte "gesetzliche Beschränkung" der "Wählbarkeit von Be­amten, Angestellten des öffentlichen Dien­stes..." ist, wie die Litera­tur zeigt, in dem halben Jahrhundert des Bestehens der Bundes­republik weder von den verantwortlichen politischen Akteuren noch - als ernstzuneh­mendes demokratie- und verfassungs­theoretisches Problem - von den Politik- und Rechts­wissen­schaftlern in Angriff genommen worden (von wenigen Aus­nahmen abgese­hen). Sogar von den Vätern des Grundgesetzes ist das Problem zwar - auf alliiertes Drän­gen hin - aufgenom­men, aber nur "am Ran­de", unter den "Übergangs- und Schlußbe­stimmun­gen", ange­sprochen worden, statt ihm, wie es notwendig gewesen wäre, im Art. 38 sei­nen angemessenen Platz zuzu­weisen, wo die Position der Abgeord­neten nor­miert wird.

Einigkeit  besteht darüber: "Art. 137 Abs. 1 GG will allgemein zur Ver­wirkli­chung und Aufrechterhal­tung der Trennung zwischen Exekutive und Legislative eine Verbindung von Amt und Mandat verhindern." "Art. 137 Abs. 1 GG will die organisatorische Gewaltentrennung gegen Ge­fahren sichern, die durch eine Perso­nalunion zwischen einem Exekutivamt und einem Abgeordnetenmandat entste­hen können. Insbesondere sollen Verwal­tungsbeamte nicht derjenigen gewählten Vertretungskör­perschaft angehören, der eine Kontrolle über die Behörde ob­liegt." (BVerfGE 33,326)

 

2. Ursachen und Folgen der Verbeamtung unserer Parlamente

Die Ursachen[2]  der Verbeamtung des Parla­ments sind sowohl in alten obrig­keitsstaatlichen Traditionen zu suchen wie auch und vor allem in den "Wett­be­werbsvor­teilen", die Beamte in Parteien und Parla­men­ten aufgrund ihrer bürokrati­schen und sprachlichen Kompetenzen und auch auf­grund ihrer berufli­chen Ab­siche­rung besitzen.

Als tieferliegende Ursache ist eine gefährliche Tendenz zur "Hyper­trophie" der Be­amtenschaft in der Gesellschaft insgesamt, ein weit über­durchschnittliches Wachs­tum der Bürokratie zu diagnostizieren, als dessen Teilphänomen die "Ver­beam­tung der Parla­mente anzusehen ist:

Zwischen 1950 und 1990 ist die Zahl der Arbeiter und Angestellten in der Bundesrepublik um 75 Prozent gestiegen – die Zahl der Beamten dagegen um 190 (!) Prozent[3]

 

Das hat schwerwiegend negative Folgen[4] für die Funk­tionsfähigkeit einer freiheit­lich-demo­kratischen Grundordnung. Ein Beamtenparlament kaum nicht in der Lage, den hypertrophen Wucherun­gen der Staatsbürokratie Einhalt zu gebieten; es führt, statt die Gewal­ten­teilung zu prakti­zieren, zu einerVerquickung von exekutiven und legislativen Funktionen; und es blockiert infolge einer dominierenden Über­repräsen­tation der öffent­lich Bedien­steten die demo­krati­sche Partizipation sehr vieler politisch Inter­essierter aus anderen Teilen der Bevölkerung.

Hinzu kommt: Verschiedene Studien belegen eine Konformität, Risiko­scheu und Detailfixiertheit von Beamten, die nicht dem innovativen Handlungs­bedarf entspricht, der immer dringender notwendig wird für Politkerinnen und Politiker[5].

 

3. Elitentheoretische Rechtfertigung einer Verbeamtung; differenzierende Kritik

In der Diskussion um die Verbeamtung von Staat und Parlamenten gibt es einen Versuch der elitentheoretischen Rechtfertigung. Die öffentlich Bediensteten werden  idealtypisch  zur Politischen Klasse stilisiert: zu den Vertretern desAllgemeinen. Diese Theorie oder – wenn man will - Ideologie – stützt sich auf eine alte Tradition in der politi­schen Phi­losophie, eine politische Führungselite normativ zu setzen: sie  zum Ideal einer weisen und stabilen Staatsord­nung zu erheben,- ganz un­abhängig von der gegebe­nen Herrschaftsform oder sogar im Widerspruch zu ihr.

Schon Platon hat in seiner Staatstheorie angesichts der Zerfallserscheinun­gen der athenischen Demokratie und der despotischen Alter­nativen in seiner Zeit die Schaf­fung und staatliche Ver­sorgung einer wohlausgebildeten, nicht durch wirt­schaftliche In­teres­sen oder Wähler­stimmen korrum­pierbaren politi­schen "Beamten­schaft" gefordert, die allein zur gemeinwohlorien­tierten Füh­rung befähigt sei: In der Politeia  ver­sucht er seine Gesprächteilnehmer zu überzeugen, daß es nicht angehe, jedem Handwerker spezielle Kompetenzen und Fähig­keiten abzuver­lan­gen, "beim Aufbau unseres Gemeinwe­sens" aber solche besondere Ausbildung und Auslese der damit Befaßten - also der Politi­ker (Platon nennt sie "Wächter") - für unnötig zu halten. Daher ent­wirft er die Utopie einer "Wächter"-Elite, die aus der Krie­gerkaste auszu­wählen sei nach dem Kriterium, daß der  "Wächter" neben der Tapferkeit auch noch eine philo­sophische "Natur­anlage" besitzt. D.h. "man muß also aus der Zahl der Wäch­ter solche Männer auswählen, die sich unserem prüfen­den Blick als diejenigen erweisen, die ihr ganzes Leben lang am meisten das, was ihnen als nütz­lich für die Polis erscheint, mit vollstem Eifer durchführen werden, das aber, was nicht nützlich ist, unter keiner Bedingung tun werden"(Platon, Politeia, 412 D) und die­se philosophi­schen, d.h. ausschließ­lich auf das all­gemeine Wohl orientierten "Wächter" sollen ver­mögens­los, einfach le­bend, aber dafür vom Staat (wie Beamte !) ali­mentiert, "die mit vollster Sach­kenntnis ausgerü­steten Hüter der Freiheit der Stadt sein und kein ande­res Ge­schäft betrei­ben." Mit der fruga­len Ausstattung versuchte schon Platon (ver­geblich), die Gefahr zu bannen, daß die Staatsdiener den Staat als "Selbstbedienungsladen" miß­brau­chen!

Es kann hier nicht die Aufgabe sein, durch die Geschichte der politischen Ideen hin­durch die Variationen dieser Idee weiterzuverfolgen: die poli­tische Führung einer angeblich über den Inter­essen­streit hinausgeho­benen politischen Klasse zu über­antwor­ten. Verwiesen sei lediglich noch auf die außer­ordentlich einfluß­reiche Staats­philosophie He­gels, in der ebenfalls, und nun ganz explizit, die "Staats­diener", die  Beamten­schaft, als besonderer "Stand" (neben dem der Bauern und dem der Ge­werbe­treiben­den) für die Aufgabe der Staatsver­waltung als ob­jektiv bestimmt und anerkannt aus­gezeichnet wird: "Der allge­meine, näher dem Dienst der Regierung (!) sich widmen­de Stand hat un­mittel­bar in seiner Bestimmung, das Allgemeine zum Zwecke seiner wesentlichen Tätigkeit zu haben; in dem ständischen Ele­mente der gesetzgebenden Gewalt kommt der Privatstand zu einer politi­schen Bedeu­tung und Wirksam­keit" (1833/1952 4­13, § 303). Im Gegensatz zu Platon bleibt Hegel reali­täts­nah und eröffnet, was die Ver­sorgung der Staatsbeamten betrifft, die Alternati­ve: "Der direkten Arbeit für die Bedürfnisse muß er...ent­weder durch Privat-Ver­mögen oder dadurch entho­ben sein, daß er vom Staat, der seine Tätig­keit in Anspruch nimmt, schadlos gehalten wird, so daß das Privat-Interesse in seiner Arbeit für das All­gemeine seine Befriedi­gung fin­det" (283, § 205).

 

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, daß es solche Hyposta­sierun­gen einer politischen Klasse auserwählte Führer des politischen Prozesses keineswegs nur im rechten Spek­trum des politi­schen Denkens gab. Le­nins Idee der kommunisti­schen Parteikader als der "Avant­garde" des Prole­ta­riats, die dessen auf der Basis der marxistischen Lehre objektv richtig erkannten Inter­essen sogar diktatorisch durch­zusetzen berufen sei, ist nichts anderes, als eine links-auto­ritär gewende­te Utopie einer auserwählten politischen Elite. Allerdings tritt in Gestalt der totalitären Bürokratie, die im sowjetischen Machtbereich aus Lenins "Avantgar­de"-Ideologie hervorgegangen ist, nur in besonders extremer Form ein Wesenszug aller ideengeschichtlich in Erinnrung zu rufenden Utopien einer idealen "Staats­klasse" in Erscheinung: die - bewußte oder ungewollte - Verwandlung der Bürokra­tiw von Dienern in Beherrscher des Staates.

 

Diese Tendenz hat schon seit Beginn des 20.Jahrhunderts zu verschiedenartigen politi­schen Theorien der Elite geführt, die diese als unausweichlich oder gar, die Demo­kra­tie-Idee verneinend, als allein angemessene politische Führungsform darstellen: ver­wiesen sei hier nur auf Pareto, Mosca und Michels (dieser sprach vom "ehernen Gesetz der Oligarchie").

 

Selbstverständlich sind zeitgenössische Politikwissen­schaftler weit davon ent­fernt, dergestalt offen die (höhe­re) Beamtenschaft als für die demokratische Staatsord­nung objektiv notwendige politische Elite zu ideali­sieren. Aber unge­wollt läuft die Argu­mentation, wenn sie einen hohen Beamten­anteil im Par­lament zu recht­fertigen versucht, in diese Richtung. Sowohl das Gemeinwohl-Argument wie das der fachli­chen Kom­petenz - beiden sind wir soeben in der polit­schen Philosophie begegnet - kehren bei der Recht­fer­tigung einer privile­gierten Stellung der Beamten im parlamen­tarischen System wieder. So heißt es bei Häfele (aaO. 105): "Von Vorteil ist weiterhin, daß ein Beamter eher in Ge­meinwohlkate­go­rien denkt als jemand, der einer anderen Gruppe angehört. Von der Pike auf hat es ein Beamter ge­lernt, Interes­sen­gegensätze auszu­gleichen und im öffentli­chen Inter­esse zu handeln. Diese Fähigkeit oder Haltung kann der parlamenta­rischen Arbeit nur dienlich sein. ...Aufbau und Arbeits­weise der Büro­kratie sind ihm be­kannt, so leicht kann sie ihm nichts vormachen. Auch bei der Ausschußarbeit kommt dem ehemaligen Beamten seine Ver­waltungserfahrung zustat­ten".

Auch Klatt[6] schätzt im Gegensatz zu Lohmar, der auf die eher lähmenden Wirkun­gen bürokratischer Verfahrensweisen ver­weist (s. oben), die Nütz­lichkeit und Not­wendig­keit des Ver­waltungswissens: "Gegen diese These ist al­lerdings ein­zuwen­den, daß die Organisa­tionssoziologie schon seit langem das Problem der Bürokrati­sie­rung als durchgängige Erschei­nung bei Großorga­nisationen aller Art identifiziert hat. Max Weber war es, der auf die Notwen­dig­keit ratio­naler Organisa­tion und büro­kratischer Struk­turen als Vor­aussetzung für die Funktions­fähigkeit und Effizienz moder­ner Verwaltungs­apparate hin­ge­wiesen hat. Spezialisierung, Arbeits­teilung und bürokrati­sche Rege­lung der Arbeitsab­läufe stellen Kriterien dar, nach denen Wirt­schafts­betrie­be, Großunter­nehmen, Behörden, Partei­en und Industriever­bände gleicherma­ßen organisiert sind".

Gerade diese Krite­rien aber werden von der neueren Entwicklung der Industrie infragegestellt. Er­folg­reiche neue­re Manage­ment-Strategien (meist aus der weniger autoritä­ren politi­schen Kultur der USA kommend) haben bereits vor 25 Jahren die mangelnde Funktionstüchtigkeit hierarchisch-bürokrati­scher Unternehmens­führungs entdeckt und ihnen Alternativen gegenüberge­stellt, wie "Mana­gement by objectives", "Mana­gement by motiva­tion", "Manage­ment by participation" etc.[7] Ebenfalls richtet sich das "Lean-Management", eine "schlanke" Arbeits­organisation mit vielen teilautonomen Werkgruppen und flacher Hierarchie, gegen hier­archi­sche Manage­ment-Strukturen; auch in Deutsc­hland finden ähnliche Ansätze zuneh­mend Beachtung[8].

Konstruktive Kritik: Auch wenn man, die Grundidee einer privilegierten, über das Ge­meinwohl wachenden politi­schen Klasse aus demokratietheore­ti­schen, aber auch aus soziologischen Gründen ablehnen muß, sollte man die Wahr­heits­momen­te in dieser sehr alten, aber auch sehr aktuellen  politischen Utopie ernst­haft beden­ken und erörtern, statt das Ganze vorschnell zu ver­werfen. Die Kritik der "Verbeamtung" sollte sich nicht leiten lassen von einer modi­schen Beamten­schelte, die bei ihrer pauscha­len Bürokratie­kritik gewöhnlich vergißt, daß ohne funk­tionie­rende, im all­gemei­nen unbestech­liche, nach Recht und Ge­setz handelnde staatliche Ver­waltun­gen eine demokratisch und sozial­staat­lich organisierte Massengesell­schaft nicht entwic­kelt werden kann. (Analytiker der Kor­ruption und Des­organisation in der Dritten Welt, wie auch des Zerfalls der ehemaligen Sowjet­union, verweisen immer wieder darauf, daß das  Fehlen einer "Zivilgesellschaft", zu der eben eine rechts­staatlich funktio­nierende Verwaltung wesentlich hinzugehört, den Hauptgrund für die mangelnde staatliche und ökonomische Ent­wicklung darstellt.)

Die mit diesen Sätzen umrissene differenzierte Position läßt sich in dem Satz zusammenfassen: Es geht nicht um eine pauschale Kritik, sondern um eine spezielle Kritik der Hypertrophie, d.h. eines unangemesse­nen Wachstums des Be­amtentums in unserer Gesellschaft. Und auf das Par­lament bezogen bedeutet dies: Sowohl die fachliche Ver­wal­tungs­kompetenz von Beamten in vielen politi­schen Berei­chen, Ausschüssen und Detail­diskussionen wie auch die Un­abhän­gig­keit der meisten Beamten von Kapi­tal­inter­essen lassen einen erheb­lichen Anteil von Beamten in der Volks­vertre­tung als nützlich und wün­schenswert er­scheinen. Es ist nicht zu leugnen, daß sich (insbesonde­re in der höheren Beamten­schaft) Elemente einer "politischen Klasse" herausgebildet haben, die stärker als alle ande­ren Gruppen in der Gesellschaft den - von Platon wie auch von Hegel beschwore­nen - Allgemeininter­essen verpflich­tet sind  (sei es als Lehrer oder Hochschulleh­rer, als Kommunal-, Sozial- und Umwelt­politiker oder Richter) und deren Gesinnungen wie auch Kenntnisse in unserem Parlamentarismus eine bedeutende Rolle spielen sollten, um nicht den struktu­rellen Egoismus kapitalisti­scher und sonstiger ökonomi­scher Privat­inter­essen überall "durchregieren" zu lassen.

 

4. Resümee der verfassungsrechtlichen Analyse

Gerhard Biehler hat im Rahmen meiner o.g. Studie[9] eine sehr eingehende verfassungsrechtliche Stellungnahme erarbeitet. Sie gelangt zur Feststellung einer dringenden Handlungspflicht des Gesetzgebers, da mit der Überrepräsentation öffentlicher Bedien­steter in den Parlamenten erkennbar fundamentale Verfassungssätze berührt sind:

In bedenklicher Weise werden das Gewaltenteilungsprinzip (Art.20 II) durch­brochen, der passive Wahlrechtsgleichheitsgrundsatz (aufgrund von Art.3 I) faktisch durch den Ausschluß anderer Gruppen verletzt und die Repräsentative Demokratie unverhältnismä­ßig verkürzt. Weil damit un­mittelbar staatsorganisa­torische Struktur­prinzipien tangiert sind, die zu den zentralen Elementen der verfassungsmäßigen Ordnung zählen und einer substantiellen Unantastbarkeit unterliegen, besteht für den Gesetzgeber eine Pflicht zum (quotalen) Abbau der Überrepräsentation. Die von der Ver­fassung (Art.137 I) ermög­lichte Beschrän­kung der Wählbarkeit von Beamten etc. muß endlich durch gesetzliche Regelun­gen verwirklicht werden.

 

5. Politikwissenschaftliche Empfehlungen

Aus diesen Analysen ergeben sich politik­wissenschaftli­che Emp­feh­lungen[10]. Es ist ein Bündnis kritischer Öffentlichkeit, handlungsbereiter Parteien oder auch verantwor­tungsbewußter Abgeord­neter anzustreben, mit dem Ziel, gesetzliche Maßnahmen zur Beschränkung der Zahl der Beamten (öffentlich Bediensteten) durch­zusetzen, insbeson­dere eine Novellierung

- des Parteien­ge­setzes,

- des Abgeord­netengesetzes und

- der Wahl­ge­setze sowie

- der Regelungen über die Beurlaubung und die Versorgung der Parla­mentsabge­ord­neten bzw. -kandidaten..

Darüberhinaus ist eine generelle und umfassende Strategie zum Abbau des hypertrophen Beamtenstaats ingang zu setzen.

 

Die Novellie­rungen sollten vor allem drei sub­stan­tiel­le Ver­änderun­gen bei der Kandi­daten­aufstellung vor­schreiben:

a.   Bei der Aufstel­lung ihrer Kandidatenlisten haben die Parteien dafür Sorge zu tragen, daß nicht mehr als ein Viertel der Bewerber Beamte (oder überhaupt: öffent­lich Be­dienstete im Sinne des Artikels 137 GG) sind.

Ohne einen gesetzlichen Zwang zur Quotierung des Beam­tenan­teils bei der Auf­stellung   

der Kandidatenlisten ist an eine Umkehrung des gegenwärtigen Trends zur zuneh­menden

Ver­beamtung der Parla­mente nicht zu denken.[11]    Die Diskus­sion um die (positive!) Quotie­rung eines Frauenan­teils und die  Realisie­rung dieser Quotie­rung bei den Grünen und - in einem schrittweisen Prozeß bis in den Beginn des 21. Jahrhun­derts!  - auch bei der SPD zeigt, daß ein solcher Quotie­rungs­vor­schlag keines­wegs als ab­wegig angesehen werden kann. Die seinerzeit geführte Dis­kussion um die dadurch bewirkte Einschrän­kung des passiven Wahlrechts hat in der SPD nicht zu dem von einigen Funktio­nären ange­droh­ten Gang zum Bun­desver­fas­sungs­gericht ge­führt, - wohl in der richti­gen Einsicht, daß bei einer Güter­abwägung zwi­schen der durch Quo­tierun­gen in der Tat bewirkten Einschrän­kung der Freiheit des passiven Wahlrechts einerseits und der massiven Be­schrän­kung dieses Wahl­rechts durch die struktu­rell patriar­chale Struk­tur unserer Gesell­schaft andererseits die Herstellung der Chancen­gleich­heit für Frauen in den Parteien als der höhere Wert betrachtet werden muß. Gleiches gilt - mutatis mutandis - für eine Limitie­rung des passi­ven Be­amtenwahl­rechts: Die gegenwärtige Domi­nanz der öffentlich Bedien­steten bei der Kandidaten-Selektion der Par­teien stellt ebenfalls eine nicht akzepta­ble Behinderung der Chancen anderer Bevölke­rungs­gruppen dar, innerhalb der Partei­en für eine Kandi­daten­liste ausge­wählt zu werden.

Die Begrenzung der Quotierung für Beamte bzw. Angehörige des öffentli­chen Dien­stes auf 25 % trägt der oben  begrün­deten Erwägung Rechnung, daß es nicht darum gehen kann, die Sachkompetenz und gemein­wohl­orien­tierte Haltung von Be­amten aus dem parlamentarischen Leben zu ver­drängen. Vielmehr geht es aus­schließlich dar­um, das zunehmende Überge­wicht der öf­fentlich Bedien­steten in den Parlamenten abzubauen. Der Bedeu­tung der produk­tiven Rolle von Be­amten und Angestell­ten des öffentlichen Dienstes in der parlamen­tarischen Arbeit wird mit der Viertel-Quotierung inso­fern Rech­nung getra­gen, als diese Zahl mehr als das Doppelte des Anteils darstellt, den diese Bevölke­rungs­gruppe in der Gesamtbe­völkerung hat.

b.   Um einer Vor-Auswahl der VolksvertreterInnen im engen "Kungel"-Kreis der Parteifunk

tionäre und -aktiven entgegenzuwirken und bürger­nähere, breitere Aus­wahlmöglichgkeiten zu schaffen, muß den Wäh­lerIn­nen und nicht den Parteien das Recht zuste­hen, über die "Plazie­rung" der Kandidaten auf den Kandidatenlisten zu ent­scheiden.

Auch die wahlgesetzliche Festlegung: Nicht den Parteien, son­dern den Wählern die personelle Prioritätensetzung innerhalb der Landeslisten - die berühmt-be­rüchtigte "gute" oder "schlechte" Plazierung - zuzuer­kennen, ist kein irreales, am grünen Tisch erfunde­nes Konzept. Bereits heute existiert diese Möglichkeit z.B. bei Land­tagswahlen in Bayern.

Die hier vorgeschlagene Verstärkung der personellen Aus­wahlrechte der Wäh­lerIn­nen hat in unserem Zusama­menhang deshalb große Bedeutung, weil sie mit dazu beiträgt, das Allein­bestim­mungsrecht der Parteien - in Wirklichkeit: eines Kaders von Partei­aktiven - bei der Auswahl der po­ten­tiellen und tatsäch­lichen Volksver­treter wenigstens insofern zu relati­vieren, als den Wäh­lerInnen das Recht zuer­kannt wird, innerhalb einer von den Parteien ausge­wählten Gruppe potentiel­ler Reprä­sen­tanten durch eigene Plazie­rungswünsche eine Mitbestim­mung bei der Auswahl auszu­üben. Das partizipative Element in der parlamenta­rischen Demokra­tie wird dadurch ver­stärkt. Darüber hinaus aber kann diese Option durchaus zum Abbau der Verbeam­tung beitra­gen: Es ist sehr wohl möglich, daß Wäh­lerInnen bei­spielsweise partei­poli­tisch aktive Hausfrauen, ArbeiterIn­nen oder StudentIn­nen auf der Landes­liste eher auswählen als Staats­diener.

 

c. Es muß die berufliche Privilegierung der "Beamten-Abgeordneten": die Garantie ihrer Wiedereinstellung, auf sämtliche Parkamentsabgeorde­ten ausgedehnt werden, indem auch den nicht im öffentlichen Dienst abgesi­cherten ein Wiedereinstellungs­recht oder aber eine großzügige Über­gangsfinanzierung zuerkannt wird, die ihnen die Neu­grün­dung einer beruflichen Existenz ermöglicht.

 

7. Rechtstechnische Durchsetzung

Die rechtstechnische Durchsetzung läßt sich wie folgt für das Partei­enge­setz (Par­teiG), das Abgeord­neten­gesetz, das Bundes­wahl­gesetz (BWG) und die Bundes­wahl­ordnung (BWO) skizzieren. (Da­neben gibt es selbst­ver­ständlich noch Wahlord­nungen auf Landes­ebene; ferner wären neue Rechtsvorschriften im Kündigungs­schutz­gesetz vor­zusehen, falls nicht ein eigenes Gesetz zur materiellen Absicherung der "Nicht-Be­amten" ratsa­mer ist.)

Die Beschränkung der Beamtenzahl in den Parlamenten ist m.E. am besten durch die Einfügung einer entsprechen­den Vorschrift in der BWO zu normieren und zwar anläß­lich der Regelung von "Inhalt und Form der Landes­listen", § 39.

Dort wird einleitend bestimmt, daß mit der Liste auch "Beruf oder Stand" der Bewerber dem Landeswahlleiter be­kannt zu geben sind. Daran anschließend wäre ein Passus einzurü­ken: daß die Parteien durch Einfügung eines ent­sprechenden Procedere in ihre Statuten Sorge zu tragen haben, daß die Zahl der Beamten (oder: die Zahl der öf­fentlichen Bediensteten) auf der Landesliste ein Viertel der BewerberInnen nicht über­schreitet[12], und daß die nach § 4O vorgesehe­ne Vorprüfung der Lan­desliste durch den Landeswahlleiter (auf Grund der ohnehin nach § 39 BWO der eingereich­ten Landesliste beizufü­genden Personalanga­ben der BewerberInnen) auch die Einhal­tung der Quote mit um­fassen kann.

Im Parteiengesetz (ParteiG) könnte im § 17, der das Proce­dere für die Auf­stellung der Bewerber für eine Parlaments­kandidatur regelt, die Ver­pflichtung der Partei zur Quo­tierung der Beamtenzahl mit aufge­nommen werden.

Dieser gesamte, derart sogar gesetzlich sanktionierte Monopolanspruch der Partei­gremien, als Vormund des "mündi­gen Bürgers" den Wert und damit die Wahl­chancen der Parla­mentskandidatInnen durch "Plazie­rung" vorwegzubestim­men, ist durch eine Novellierung des Bundeswahlgesetzes (BWG) und der Bundeswahlordnung (BWO) ersatz­los zu streichen. Statt dessen ist das Recht der WählerIn­nen zu normieren, auf Grund der  vor­liegenden Lan­des­liste nach dem oben genannten Prinzip des Kumulierens und Pana­schierens ihre Kandidaten-Präferenz selbst zu bestimmen. Die Stimm­zettel sind dement­spre­chend (wie aus anderen Wahlen be­kannt) vor­zustrukturie­ren: Die Wahlzettel müssen die vollständi­gen Landeslisten der Parteien enthal­ten. Die Kandidaten werden in alphabeti­scher Reihenfolge aufgeführt, ohne Listen­"plazie­rung" durch die Parteien. Die endgültige Plazierung der Kandi­daten auf der Lan­desliste erfolgt gemäß der Zahl der auf ihn entfal­lenden Stimmen und Placierun­gen.

8. Tätigwerden des Bundesverfassungsgerichts

Schließlich ist die Prüfung einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht geboten.

Unseres Erachtens liefert die vorgetragene Argumentation gewichtige Gründe, um beim Bundesver­fas­sungs­ge­richt Klage ein­zurei­chen falls der Gesetzgeber seiner Handlungs­pflicht nicht gerecht wird, mit dem Ziel: aufgrund der offensichtlichen Verletzung wesentlicher Verfassungs­prin­zipien den Gesetzgeber auf­zufordern, gemäß Art. 137 eine gesetzliche Beschränkung der Zahl der Be­amten und öffent­lich Bediensteten im Parla­ment (d.h. in den Kandidaten­listen der Partei­en) zu verabschie­den und die Wahlchancen für Nicht-Beamte gleich gut zu gestalten wie für Beamte.

 

9. Strategie zum Abbau eines hypertrophen Beamtenum

Als generelle Strategie zum Abbau hypertrophen Beamtentums ist - anstelle nur

vereinzelter Klagen und Reformvorschläge - eine öffentliche Generaldebatte über den

dringend erforderlichen Abbau von Beamtenprivilegien zu organisieren,-mit  dem Ziel

 

-   die sozialstatistisch feststellbare weit überdurchschniffliche Zunahme des 

    Beamtentums in unserer Gesellschaft als Gefahr für den demokratischen Staat   

    erkennbar zu machen und aufgrund dessen

-   die wesentliche Reduzierung bzw. Abschaffung des Beamtenstatus großer

    (durchaus nicht mit hoheitlichen Aufgaben befaßter) Berufsgruppen zu fordern,

    vor allem in den Bereichen Schule, Hochschule, Post, Bahn, kommunale/ soziale

    Dienste;

-  Die Beamtenschaft gerade wegen ihrer arbeitsrechtlich gesicherten Position in 

   dieVerpflichtungen der Solidargemeinschaft einzubinden, also sie zumindest

     kranken- und arbeitslosenversicherungspflichtig zu machen;

-   Bindung von Gehaltserhöhungen und Beförderungen an das Dienstalter generell

     abzuschaffen - statt dessen insbesondere von Lehrern und Hochschullehrern   

    Leistungsnachweise als Voraussetzung für Gehaltssicherung und Beförderungen

    zu verlangen;

-   zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen insbesondere im öffentlichen

    Dienst Teilzeitarbeit stark zu erleichtern und in gewissem Umfang obligatorisch  

    zu machen (Vorbild: Lehrer in Brandenburg).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anhang: Die Berufsstruktur der Abgeordneten in Ostdeutschland

Eine Recherche von Andrea Keune*

 

 

Die Untersuchung der Berufsstruktur erfolgte entsprechend der Kriterien der Analyse von Fritz Vilmar (aaO., s. o.).Alle Angaben in Prozent:

 

Nr.    Berufsgruppe               Br.burg      Meck.-V.   Sachsen....S.-Anhalt.....Thüringen

 

1       Berufspolitiker (parteibe-

        zogene Berufstätigkeiten)      12,5            14,1             9,9              12,1             5,7

2.      Gew.funktionäre,

          betriebl.AN-vertreter             2,3              5,6             1,65             5,05             3,4

3.      Sonst. Verbandsfunktio­

          näre, Bedienstete gesell­

          schaftl. Organisationen           4,5              4,2              2,5              5,05             5,7

4.      Journalisten, Verleger,

          sonstige Beschäftigte

          im Medienbereich                   0                 0               1,65             5,05               0

5.      Lehrer, Professoren,

          sonst. Wissenschaftler           18,2            14,1            20,7             19,25          13,6

6.      Sonstige Beamte und               

          Angestellte des

          öffentlichen Dienstes             18,2            23,9            20,7             19,25          25,0

7.      Rechtsanwälte                         2,3              2,8              1,65            0                 1,1

8.      Unternehmer,

          selbständigerMittelstand,

          leitende Angestellte ‑            15,9            16,9           18,15            22,2            15,9

9.      Landwirte                              4,5              7,0              4,1               3,0              3,4

10.'    Sonstige Freiberufler               0                4,2              4,1                0                 0

11.     Angestellte in Industrie,

          Handel, Gewerbe,

           Dienstleistungen                   10,3             1,4              6,6              5,05            13,6

12.     Arbeiter                                  1,1              0                2,5                0                2,3

13.     Hausfrauen, Rentner,

          Sonstige                                  1,1             4,2             2,5               1,0              3,4

14.     Nicht verwertb.Angaben          9,1             1,4             3,3               3,0              6,9

 

          2. + 3. Verbandsangestellte     6,8            9,8             5,15             10,1             9,1

          5. + 6. Öffentlicher Dienst      36,4           38,0            41,4             38,5            38,6

          1. ‑ 6. Politiknahe Berufe        55,7          61,9            57,1             65,75          53,4

          7. ‑10. Selbständige                22,7          30,9            28,0             25,2            20,4

 

* M’skript, Seminar Prof. Vilmar, Freie Univ. Berlin 1997, S. 61f.

 

 

Die Analyse der Berufsstruktur der Abgeordneten in den Parlamenten der neuen Bundesländer macht deutlich, daß auch dort verschiedene Gruppen, aber insbesondere Vertreter des öffentlichen Dienstes (5.+6.)  stark überrepräsentiert sind. Damit ergibt sich in den ostdeutschen Parlamenten in der zweiten Legislaturperiode, seit 1994, bei den Vertretern des öffentlichen Dienstes ein ähnliches Bild wie im Bundestag.

 

Im Deutschen Bundestag hat sich die Zahl dieser Gruppe von 1949 bis 1969 von 17 Prozent auf 43 Prozent erhöht, um sich in den darauffolgenden Jahren weiter zu stabilisieren. In den Parlamenten der fünf neuen Bundesländer liegt die Zahl sogar noch etwas höher (Brandenburg 48,9%; Mecklenburg‑Vorpommern 42,1%; Sachsen 51,3%; Sachsen‑Anhalt 50,6% und Thüringen 44,3%), diese Entwicklung hat sich innerhalb kürzester Zeit vollzogen.

 

Betrachtet man die Gruppe der politiknahen Berufe (1.‑6.), so stellt man fest, daß diese Gruppe in allen Landesparlamenten mehr als die Hälfte der Abgeordneten stellt. Dies ist zugleich eine Gruppe, die die beschriebenen Kriterien für die Privilegierung der aus dem öffentlichen Dienst kommenden Kandidaten weitgehend erfüllen. Sie verfügen über verwaltungstechnisches Wissen, über Sprachkompetenz etc. und sind zeitlich disponibel, insbesondere die Vertreter des öffentlichen Dienstes, die zudem eine weitere Absicherung durch die Freistellung für die Übernahme und Ausübung eines Abgeordnetenmandats, verbunden mit einem Wiedereinstellungsanspruch nach Beendigung des Mandats, haben.

 

Diese Gruppe stellt gemeinsam mit der Gruppe der Selbständigen über 75 Prozent der Abgeordneten in den Parlamenten (Brandenburg 78,4%; Mecklenburg‑Vorpommern 92,8%; Sachsen 85,1%; Sachsen‑Anhalt 80,95% und Thüringen 73,8%).



                * Der folgende Vortrag basiert auf meiner Studie „Gegen die Verbeamtung der Parlamente“,

                   Essen 1994

                        [1] Im 1994 gewählten Bundestag lag der Anteil der öffentlich Bediensteten nach meinen

                         Untersuchungen bei 41,3 %. Eine von mir initiierte Untersuchung von Andrea Keun ist zu

                         dem Ergebnis gekommen, daß die Verbeamtung in den neuen Bundesländern sogar noch

                         weiter fortgeschritten ist. Vgl.. das Resümee ihrer Recherche im Anhang.

 

[2] Vgl. die detaillierte Darstellung der unmittelbaren wie der tieferliegenden Ursachen in Kap. 3 meiner Analyse, aaO. S. 18-29

 

[3] BMAS (Hg), Statistisches Taschenbuch 1991, Abs. 2.6.

[4] Zur detaillierten Darstellung der Folgen vgl Kap. 4 meiner o.g. Studie, S.30 – 49.

[5] So urteilt Häfele (1972,105):"Die 'typischen' Beamten zeichnen sich nicht immer durch be­sondere Dynamik aus. Ihre oft etatistische und etwas 'um­ständ­liche' Denkweise ist nicht das, was wir in einem moder­nen Parla­ment brau­chen. Die Beamtenmentälit führt häu­fig zu flei8iger detaillierter Gesetzgebungsarbeit, statt da8 sich die Abge­ordneten auf die politischen Grundent­scheidun­gen kon­zentrieren und die Einzelführung der Bürokratie überlas­sen, die das ohnedies besser kann".(Verbeamtung des Bundestages? in: ZfParl 1/72, S. 105) Und Lohmar denkt die­ses Verhaltens­problem noch weiter in Richtung einer Iden­tifi­zie­rung statt distanzierter Kontrollposition gegen­über der Ministe­rial­bürokra­tie: "Damit entsteht eine mentale Übereinstimmung zwischen der Mehrheit der aus irgendwel­chen Büro­kratien kommenden Abgeord­neten und den Angehöri­gen der Staatsbürokratie. Die Mentalität von Be­amten aber steht selten für origi­näre und kreative politi­sche Denkka­tego­rien. Politi­sche Phantasie ist nicht das Metier der Admi­nistrationen. Sie sind mehr an Macht als an Ideen  interessiert" (Staatsbürokratie. Das hoheitliche Gewerbe, München 1978, S. 117)

[6] Hartmut Klatt, Die Verbeamtung der Parlamente. Ursachen und Folgen des Übergewichts des öffentlichen Dienstes in Bundestag und Landtagen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage  z. Zeitschrift Das Parlament, B 44/1980, S. 35

[7] Vgl. u.a. Eric Rhenman, Industrial Democracy and Industrial Management, London 1968; August Sahm, Humanisierung im Führungsstil, Frankfurt 1977

[8] Vgl. Siegfried Roth, Hartmut Kohl, Gruppenarbeit, Köln 1988

[9] II: Verfassungsrechtlicher Teil, S. 50 - 77

[10] Deren Darstellung en detail: AaO S.81 - 90

[11] Bei eingeführter Quotierung dagegen kann sich die Zusammensetzung derParlamente relativ bald  verändern, da die Fluktuation doch relativ groß ist: "Etwa im Verlauf von vier Legistraturperioden verändert das Parlament seine personelle Zusammensetzung im ganzen. Diese Fluktuation ist bei weitem stärker, als sie in den Daten über berufliche Zusammen­setzung, Ausbildung und Alter zum Ausdruck kommt." (Ulrich Lohmar, Das Hohe Haus. Der Bundestag und die Verfassungswirklichkeit, Stuttgart 1975, S. 184)

[12] Um die "Viertel"-Quote zu gewährleisten, könnte die Delegier­tenver­samm­lung, die über die "Landesliste" entscheidet, beispielsweise einen zusätzli­chen Wahlgang vorsehen, falls die Kandi­daten­wahl das quotierte Viertel über­schrei­tet; in diesem Wahlgang wird aus der Gesamtzahl der zu Wahl stehen­den BeamtInnen die Zahl ausgewählt, die der Viertelquote entspricht.